About my work

Contributions in order of appearance, starting with the most recent:

Enrique Acuay, AI expert

Olena Balun, Kunsthistorikerin

Andreas Woller, Künstler

Cornelia Lauf, art historian

Sabine Adler, Kunsthistorikerin

Enrique Acuay

AI expert, Munich 2024

Veronika captures the essence of souls in her drawings. Each stroke becomes a vessel, holding these narratives captive, and it is the observer’s role to release them. In these intimate glimpses, the true nature of her characters unfolds, filled with the raw emotions and desires of sex, love, joy, and sadness. Some of her work carries a sense of melancholy, a yearning for a lost time. Some images are hard to look at, others lighthearted, and a few might make you blush. Indifference isn’t an option.

Olena Balun

Kunsthistorikerin, Kuratorin, München 2024

Die Zeichnungen von Veronika Günther wirken vertraut. Es liegt an ihren Motiven und Sujets, aber auch an dem Humor und der Empathie, die sie ausstrahlen. Der Stil ist gut wiedererkennbar, das Kolorit ist auf wenige Farben reduziert: Schwarz, Weiß, Grautöne und Rotakzente.

Man findet viele Alltagsszenen und Stadtansichten: gestreifte Festzelte mit zarten Fähnchengirlanden ragen geschwungen in die Höhe, Tauben mit roten Augen schmiegen sich aneinander, ein kleiner Hund eilt angriffslustig mit gefletschten Zähnen einem Frisbee hinterher, auch Nahrungsmittel sind oft dargestellt, wie kunstvoll verzierte Nachspeisen oder deren elegante Verpackung. Es gibt Schrift als Leuchtreklame, Schlagzeilen oder auch einfach als Slogans, und vor allem gibt es viele Menschen. Ein großer Teil davon wird aus dem Gedächtnis gezeichnet. Es sind Erinnerungen an erlebte oder erzählte Situationen, Szenen aus Romanen oder Filmen, Dinge, die die Künstlerin bedeutsam oder bewegend findet, so dass sie sie festhalten möchte. Die Flüchtigkeit der Erinnerung bedingt den zeichnerischen Stil, der für ihr gesamtes Oeuvre charakteristisch ist. Mit fließender, schneller Linie abstrahiert sie die Form, verzichtet auf Details, so dass nur das Wesentliche übermittelt wird.

Ein weiterer Teil der Werke lässt sich auf ein großes Vorlagenarchiv medialer Herkunft zurückführen. Die Künstlerin sammelt seit langer Zeit Bilder, oft von ambivalenten Charakteren: James T. Hunt oder Miles Davis, Muhammad Ali oder Snoop Dogg wurden zum Beispiel porträtiert. Auch Situationen, die nachhaltige Spuren hinterlassen haben, werden gezeichnet – in ihrer Erscheinungsform als printed matter: Zeitungsblätter, Magazincover oder Plakate verkünden die Mondlandung, ein Bob Dylan Konzert oder auch einen Präsidentenmord. Die Wiederverwendung dieser Bilder wird zu einer Neuinterpretation, die durch die Stilmittel geschieht. In den Zeichnungen werden Akzente verstärkt oder neu gesetzt, der Blick auf das Vertraute geschärft.

Ein besonderes Thema in Veronikas Oeuvre sind Beziehungen. Paare sind ein häufiges Motiv. Sie stehen sich gegenüber oder sind ineinander verschlungen, diskutieren, küssen sich, haben Sex. Diese Bilder sind einerseits sehr direkt, zeigen Geschlechtsteile und den Geschlechtsakt selbst, wirken aber nie obszön. Ganz im Gegenteil, sie wirken ansprechend und berührend dank dem Zusammenspiel aus Abstraktion, Humor und Empathie. Die Abstraktion hält die Situationen sehr allgemein, so dass kein Voyeurismus-Gedanke aufkommt. Der Humor ist nie beschämend, sondern liebevoll. Beim Grinsen wie beim Küssen gibt es hier viele Zähne und beim Geschlechtsverkehr stoppelige Scham- oder Beinhaare. Figuren sind mit geschmeidiger Linie, vermeintlich ungelenk gezeichnet, die Perspektive erinnert bisweilen an ein schiefes Selfie. Das wirkt sehr nahbar und entwaffnend, und vielleicht erkennt man auch sich selbst darin wieder – so intim, dass man davon eigentlich nicht redet, aber sich in diesen Bildern sowohl verstanden als auch erheitert fühlt.

Andreas Woller

Künstler, München 2024

Und das Hirn glaubt, es stimmt: Ganz im Hintergrund treibt die fragmentierte Welt dieser Bilder, ohne das Obdach der einen großen Erzählung, der Rhythmus der Maschine an. Darin werden die Körper aufgeladen und auf sich zurück geworfen, von ihrem Nahbereich absorbiert, werden verzerrt, verdreht, grotesk verrissen – Assoziation: Modern times, Power-Yoga, Francis’ zerschlagenes Gesicht – vielleicht auch weil der Tumult des psychischen Geschehens sich doch stets eigene Wege sucht, immer irgendwie wuchert, halb verborgen, super vital, sogar in der Wendung gegen sich selbst. Kürzelhaft reduziert tanzt hier die unbekannte Kreatur durch Straßenschluchten, Bahnhöfe, Bars, Treppenhäuser, Zimmer und Städte. Auch wenn biografische Anker zu ahnen sind, sind es doch abstrakte Orte, weit entfernt von sicherer heimatlicher Verwurzelung und Identifikation.

Dies ist kein gelehrter Text, prüf ihn auf Fehler, als wärs von der KI. Er ist ein Versuch über die Zeichnungen der Künstlerin, er sammelt zusammen, was die tippenden Finger in ihrem Hirn finden können, hier und da und hie und da auch im angrenzenden Netz, im Takt des Tages, der, klick, klack, klick, schnell vorbei geht. Und dann kommt etwas anderes.

Blättern, wischen, klicken. Klick: Nan Goldin, Klick: Diane Airbus, Klick: Henri Cartier Bresson, Klick: Veronika Günther. Die Arbeit mit der Hand aber verlangsamt die Zeit. Die Pinselhaare biegen sich auf das Blatt, schmiegen sich in seine Textur und betasten es vorsichtig Millimeter um Millimeter. Oder sie huschen darüber, wie der Schatten eines Vogels. Oder aber sie durchziehen es maßvoll, gleich einem Boot im Wasser. Ein leerer und gesammelter Kopf ist von Nöten, eine kleine Insel der Ruhe um den Pinsel zu steuern. Seinem Geräusch zu lauschen ist pures ASMR – bestimmt.

Tausende kleinformatige Blätter sind so entstanden, oft nur schwarze Tusche auf Papier. Das Erfahrungsfeld der Künstlerin wird notiert: effizient, auf das Wesentliche konzentriert, extrem bewegt. Es ist das handliche Klein-Format für die Tasche einer mobilen, unabhängigen Beobachterin der Welt, unterwegs mit leichtem Gepäck – Assoziation: Malerin des modernen Lebens.

In Hängungspanoramen werden die Blätter später gebündelt, neuer Sinn emergiert aus ihrer Summe. Die Blattkanten zerschneiden dann hart die Zeit, die Inhalte hüpfen und vibrieren, prallen zurück an den Grenzen – Assoziation: Krazy Kat – und Bilder aus unidentifizierbaren Filmen (die es aber doch gegeben haben wird?), tauchen überall auf. Die 1930er und -50er Jahre sind wohl oftmals ästhetischer Bezug.

Trotz allem reklamieren die Akteuere der Zeichnungen noch eine eigene Geschichte, einen Sinnzusammenhang. Noch nicht ganz sind sie nur Erfahrungsreste, isoliert, grundlos, herausgerissen. Doch nichts haben sie von den hübschen Images, die wir von uns selbst machen, und sind auch nicht einfach logisch zu erklären, in einem Strom halb mit getrieben, halb schwimmend, das Gegenteil des Homo Ökonomikus.

Zeitungen, Kuchen, Telefone und Sex stehen dabei nebeneinander im selben Regal, alles einfach existierend für je einen Augenblick – Urteil: Schiefe Metapher.

Die Augen der tippenden Finger sehen die spontane Chronik eines eigenen Lebens, dessen Gelesenes, Gesehenes, Geträumtes auch. Doch gerade nicht ist es das geschützte Tagebuch, da offensiv zu anonymem Publikum gesprochen, zeigend noch einmal, dass die „Sender an potenziell alle“-Position radikal demokratisiert worden ist. Denn unter den aktuellen Normen der Privatheit ist die Celebrity-Home-Story schon lange nicht mehr spektakuläre Ausnahme.

All das verhandeln diese Arbeiten spannungsreich in einem traditionellen Medium, fließend diverse Formensprachen sprechend, locker den nordischen Expressionismus zitierend, oder die alte chinesische Tuschzeichnung. Gerade die paradoxe Zeitpressung, die Verschmelzung von zeitfremden kulturellen Formen in diesen Werk mutet jedoch hyper-aktuell an.

Selten fährt die zeichnende Künstlerin dabei ihr konkretes visuelles Feld ab. Statt dessen durchsucht ein inneres Auge das Sediment der Eindrücke, in der Optik einer Kamera als dessen zweiter Natur. So findet es die verlorene Zeit, aber auch, was eben erst geschehen ist.

Klick und Klack und die langsam trocknende Spur von Farbe auf dem Papier.

Cornelia Lauf

Art historian, curator, writer, Rome 2023

Veronika makes tiny drawings in mostly black ink. Some of them look like cartoons. Others appear like Chinese brush and ink sketches from the 19th or early 20th centuries. Still more recall Raymond Pettibon, David Shrigley, or Jessica Diamond, who themselves rejected type and font in favor of the hand-made sign. It’s a complex refutation of the digital and mechanical, at the same time as an exposé of emotions and attitudes that often delve into the grotesque. Maybe it’s Bavaria. Or because Veronika works with Peter Kogler, that longtime precursor of Metaverse design. Maybe it’s because she has a solid practice also in institutional graphic design. In any case, her good heart and hand explore the full gamut of life and art from the perspective of someone with an excellent bead on the now.

Text originally published on instagram.com/cornelialauf on February 20, 2023

Sabine Adler

Kunsthistorikerin, Kuratorin, Geschäftsführerin der ERES-Stiftung, München 2021

Sie zeichnet, wie man sich unterwegs Notizen macht: schnell, stichpunktartig, ins Unreine, nicht ausformuliert. Und sie ist enorm produktiv. Jeden Tag wirft Veronika Günther eine zutiefst menschliche Situation aufs Papier. Schwarz auf weiß, Blatt für Blatt, Tag für Tag. Das ist Konzept und ihr persönlicher künstlerischer Ansatz. „Dass ich es schnell mache, ist wichtig“, betont sie. „Die Geschwindigkeit erleichtert mir die Arbeit sehr, dann läuft es. Und es muss billiges Material sein, ein hoher Einsatz an Kosten und Material würde mich einschüchtern, ich produziere ja viel Ausschuß“.

In ihren Date-Drawings rückt sie Frauen und Männer miteinander, gegeneinander oder allein ins Scheinwerferlicht – stets verstrickt in die tragikomischen Herausforderungen des Alltags und der eigenen Existenz. Frivole Damen, lasziv Zigarette rauchend. Bestialische Männer mit Gebissen wie Gitterstahl. Stille Stubenbrüter mit melancholischem Blick in leere Handydisplays. Kopulierende Paare mit sichtbarer Konzentrationsschwäche. Dazwischen zähnefletschende Tiere, melancholische Architekturen, Massenmediales. Das alles aneinander gereiht zu Storyboards, in Kapitel gruppiert und mit Zwischentiteln versehen.

„Is it dangerous“?
Wenige schwarze Gouache-Striche auf weißem DIN A 6-Papier und sparsam gesetztes Signalrot reichen aus, um Schicksale aufscheinen zu lassen und ahnungsvolles Mitwissen düsterer Geschehnisse herzustellen. Die Protagonisten dieser schwarzgemalten Conditio Humana können beides: anrühren und ängstigen. Die Körper langgezogen und gewunden wie Schlangen, die Füßchen oft viel zu klein, um auf sicherem Boden zu stehen. Und dann immer wieder diese dick schwarz umrandeten Augen. „Die Originalzeichnungen sind in mehrfacher Hinsicht warm, die Themen sehr persönlich,“ sagt Veronika Günther über ihre Arbeiten. „Das alles strahlt eine Körperwärme aus und das kann ziemlich unangenehm sein. Zu nah, zu privat. Wenn man die Zeichnungen allerdings auf einem Bildschirm, einem Handydisplay oder als Projektion sieht, entsteht ein Kontrast zwischen der Wärme der ursprünglichen Blätter und der Kühle des Mediums, in dem sie gezeigt werden. Das macht die Zeichnungen für mich viel attraktiver.“

Die Stärke der Linien variieren. Die mit intuitivem Elan hingeworfenen Striche haben enorme Kraft und sind unbändig vital. Und so schießen diese Zeichnungen in die Venen und direkt ins Herz. Ihre reduzierten, archaisch anmutenden Figuren lassen an Keith Harings Strichmännchen und seinen emotionsgeladenen Duktus denken. Mit ihm verbindet Veronika Günther das sozialpolitische Engagement, die Hinwendung auch zu denen, die im gesellschaftlichen Abseits stehen. Und wie in Harings subway drawings kann bei ihr Sprachtext zur Zeichnung werden, handschriftlich hingeworfen wie in Comics, kreideweiß auf schwarzem Grund.

„Can I ask you something“?
Neben Pop-Art-Bezügen lassen sich expressionistische Elemente ausmachen. Kurt Tucholskys Sudelbuch kommt einem in den Sinn mit den Kurznotizen, Einfälle, Wendungen, Witzen, Zoten. Und der auf den Straßen Großbritanniens Ideen klaubende David Shrigley aus der jüngeren Generation. Dass sich die Zeichnungen gut eignen, einzeln hintereinander gezeigt zu werden und damit filmische Qualitäten zu entwickeln, war eher eine Zufallsentdeckung. „Ich habe nach einer Möglichkeit gesucht für eine große Beamer-Projektion viele hundert Zeichnungen zu zeigen. Also habe ich sie einfach alle wie Dias hintereinander gesetzt. Je nach Größe des Monitors oder der Projektion bekommen die kleinen schludrigen Zeichnungen eine Wucht, die mich selbst überrascht hat. Das ist vielleicht so, wie wenn man an einer Akustikgitarre rumzupft und dann stöpselt man eines Tages einen Verstärker an und plötzlich klingt jeder kleine Anschlag konzertreif.““

Ihre Bilder kommen aus dem Gedächtnis. Dorthin können sie auf verschiedene Art gelangt sein. Selbst erlebt, geträumt, gelesen. Oder jemand anderes hat es erzählt. Den Werkprozess beschreibt sie so: „Im Laufe des Lebens entsteht ein riesiger Komposthaufen von Erinnerungs- und Vorstellungsbildern. Alle Eindrücke landen auf diesem Haufen, nicht nur die visuellen, aber sie sind für mich natürlich künstlerisch verwertbar. Beim Übersetzen der Gedächtnisbilder in Zeichnungen entsteht dann eine Fiktionalisierung. In gewissem Sinn richten sich die Blätter immer an die Person, mit der das jeweilige Erinnerungsbild verknüpft ist. Man könnte sagen: alle Zeichnungen zusammen sind ein langer, komplizierter Liebesbrief“.

Text aus dem Begleitheft zur Ausstellung Love me or die im Off-Space @base der ERES-Stiftung, München, 23. Juni -07. Juli 2021; online unter https://eres-stiftung.de/base/love-me-or-die